6.2.05

Ernst Mayr (1904 - †2005)

Ernst Mayr, wem diese Blog sehr schuldig ist, ist am Donnerstag (3.2.2005) gestorben.

Von einem FAZ-Artikel um den Biologe:

Die blanke, wabernde Natur, in der sich Mayr als Mann bewähren mußte und zugleich als Theoretiker und Erkenner entpuppt hat, existiert noch heute. Doch entweder ist sie leergedacht, da schon lange niemand mehr mit einer wirklich großen Idee von einer großen, einsamen Expedition zurückgekehrt ist, oder der Rückzug in die vollklimatisierten molekularbiologischen Labors, in denen alle Gefahren in Plastikhüllen verschweißt sind, zeigt bei aller Publikationshektik in Wahrheit einen Rückzug, eine Verkümmerung, ein Vergessen der Biologie an.

Es ist keine kleine Ironie, dass in diesem FAZ-Artikel der folgende anti-technikische Ausspruch stattfindet.

Was Biologen heute in der Natur noch auffinden, läßt sich im Format von ”National Geographic“ und ”Discovery Channel“ verstehen. Vielleicht ist mit Mayr eine umfassende, in der mesoskopischen Natur beheimatete Erkenntnisfähigkeit verschwunden. Vielleicht halten Goretex, Satellitentelephone und Solarduschen die Explorierenden von heute nicht nur von Härten, sondern auch vom Denken ab. Daß ausgerechtnet die Natur in ihrer organismischen Erscheinung aufgehört haben soll, die Biologie jenseits der auf die Biodiversität bezogenen Verlustängste anzutreiben, ist jedenfalls erstaunlich.

Ist das wirklich so? Es kann nicht so einfach sein, meiner Meinung nach, dass Technik als Entfernungsmittel zwischen Menschen und die Natur wirken soll. Natürlich ist das in unserem Alltag so, wo unser Häuser, Autos, und Büros stets weiter entfernt von die echte Natur gingen, aber es ändert sich etwas bei Biologen. Die können jetzt mit viel mehr Präzision in der Welt angucken, und das geschieht nicht nur in der Labor. Auch im Dschungel kann man jetzt mit hochtechnikischen Geräte die Natur anschauen, sowie meinen von Delphine interessierten Vater in der letzten paar Jahre im Peru schafftet.

Anderseits hat der Autor recht – das Erlebnis der Natur soll nicht so bequem wie der bügerliche Alltag. Es gibt Vorteilen bei der Zurückkeherung in der nicht von Menschen betrogenen Urwälder.

Weiter mit dem Artikel:

Jenseits der engeren Evolutionsbiologie und deren Popularisierung besteht Mayrs übergreifender Verdienst in der Abgrendzung der Biologie von den naturwissenschaftlichen Diziplinen der Physik und der Chemie. Auch im Lichte des Humangenomsprojekts und inmitten einer globalen Erregung über die Möglichkeiten der Biomedizin erzählte er, wie traurig er Anfang der fünziger Jarhe gewesen sei, als in Cold Spring Harbor ”echte Biologen“ duch Chemiker ersetzt worden seien.
(...)
Mayr hat sich energisch gegen einen physikalischen Reduktionismus gestellt, der das Leben in Atome auflöst, wieder zusammensetzt und dabei berechenbar machen will. Die Natur, wie er sie sah, ist ein System voll von Unvergleichbarem, das sich der Verfügung starrer Gesetzte entzieht. – Schwägerl1

Der 1904 geborenen Mayr war 100 Jahre alt. Herr Mayr, ich hoffe, dass Sie jedenfalls einen Tee mit Darwin jetzt trinken. Gute Reisen.


--Endnotes--

1. Schwägerl, Christian. ”Der Zusammendenker.“ Frankfurter Allgemeiner Zeitung, Nr. 30 / S. 37:1, 5 Februar 2005. Frankfurt a.M.: Frankfurter Allgemeiner Zeitung GmBH.